Von den Anfängen
1973 lernte ich über eine Empfehlung einer Freundin Heimrad Prem kennen. Als ich zu ihm nach Moosach bei München hinaus fuhr, da war ich von dem romantischen Gedanken beseelt, ein Maler zu werden, mit allen Klischees, die man mit 20 Jahren sich so macht, vom Berufe eines Malers: Leinwand -Staffelei, Pfeife rauchend und vor allem schweigend in einem Raum zu sein und zu malen. Ich hatte gerade eine Lehre als Glas und Porzellanmaler hinter mir, wollte mein Leben aber nicht als Dekorateur von rosenverzierten Porzellanservicen und Hinterglasbilderkopien beenden. Es war also mehr ein Wunsch, wegen des Schweigens Maler zu werden, als eine Berufung. Was und wie ich malen wollte, das wusste ich nicht so genau, die Mode meiner Generation hieß Salvadore Dali, wie viele andere trampte auch ich damals nach Baden-Baden zur Dali-Ausstellung.
Bei Prem angekommen, war einer seiner ersten Sätze, Was ich denn von ihm wolle, ich solle doch besser in die Computertechnik einsteigen. Was damals durchaus hellsichtig war. Malen sei eine verdammte Sache, damit und davon könnte man nicht leben. „Außer du magst Lüngerl mit Knödel (das billigste Essen in einer bayerischen Wirtschaft), und willst unbedingt Maler werden.“ Das wollte ich, und wir einigten uns, ich sollte für ihn in der Früh alles machen, was zum Handwerk eines Malers gehört, Keilrahmen aufspannen, Rahmen bauen, Passepartouts schneiden usw., dafür würde er mir am Nachmittag alles über Malerei erzählen und mir praktische Anleitung hierzu geben. Es wurde daraus ein sehr fruchtbares Jahr, denn ich bekam von Heimrad Prem eine sehr persönliche, großartige Einführung in die Geschichte der Malerei, nicht wie sie in den Schulbüchern steht, sondern aus erster Hand, von einem praktizierenden Maler, mit aller Leidenschaft und großer Begeisterung für die Malerei von der Höhlenmalerei bis heute. So kam ich sehr schnell von den Klischees, die ich hatte, weg, zu einem wunderbaren Fundus von Geschichte der Malerei, ihren Möglichkeiten und Wirklichkeiten. Prem sagte zu mir: „Ein Maler muss genauso wie ein Elektriker wissen, was vor ihm alles gemacht wurde und erfunden wurde, sonst kann er sein Handwerk nicht ausführen.“ Das war für mich eine viel fruchtbarere und intensivere Zeit des Aufnehmens und Lernens als die vielen Jahre, die ich in der Akademie verbrachte.
1976 kam ich beim zweiten Anlauf an die Akademie in München. Zur gleichen Zeit wurde von Prem und Helmut Sturm mit einigen anderen MalerInnen das Kollektiv Herzogstrasse gegründet (1975 – 1981). Dies war unter anderem ein Wunsch von Prem, der mir schon damals erzählte:
“ Die Spur -Zeit von 1959 -1965 war die fruchtbarste und schönste meines Lebens, danach kam die Popart und ich habe in die Scheiße der Solokarriere eines Künstlers gelangt“. Kunst entsteht immer im Zusammenhang von Gruppen. Die schönste Plastik des 20ten Jahrhunderts, die Schiffsschraube wurde auch von einer Vielzahl von Technikern, Ingenieuren und Wissenschaftlern entwickelt. Kunst entsteht nicht im stillen Kämmerlein, sondern in der Diskussion, der Reibung verschiedener Individuen, auf der Suche nach Neuem.“
So war ich, ein weiterer Glücksfall meines Lebens, ab 1976 Mitglied des Kollektiv Herzogstrasse. Es entspann sich ein reger Austausch, hitzige Diskussionen über Kunst und Leben. Wir verstanden uns als eine Art utopisches Modell für Gesellschaft, ein Forum für Zwischenöffentlichkeit, und erprobten die Möglichkeit der Gruppenmalerei. Wir wollten die Fähigkeiten des Einzelnen in einem gemeinsamen Handeln bündeln und steigern zu einem Ganzen, dies entwickelte sich zu einem Höhepunkt in den Ausstellungshallen in der Lothringerstrasse 13, München, die Ausstellung hieß: “Begehbare Malerei“ (Die gesamte Geschichte der Künstlergruppen ist nachzulesen in dem Katalog: „Cobra, Spur, Wir, Geflecht, Kollektiv Herzogstrasse, Bonner Kunstverein, Gesellschaft für aktuelle Kunst Bremen, Galerie der Künstler München)
Durch die Zeit mit Heimrad Prem und dem Kollektiv Herzogstrasse kam ich von Anfang in einen praktischen und theoretischen Zusammenhang von Kunstmachen und wusste, worauf ich mich da einlasse. Es war wunderbar, als ich mir in den 80er Jahren in einer Wirtschaft Lüngerl und Knödel bestellte und mir sagte: “Das hast du dir erpinselt“
1991 kam ein weiterer Glücksfall, mein Atelier in Pertolzhofen in der Oberpfalz (im Fadenkreuz von Moskau, Madrid, Prag und Paris). Der Zehentstadel ist geräumig und lud von Anfang an dazu ein, mit Malerfreunden dort zu arbeiten.
So entstanden ab 1993 die „Pertolzhofener Kunstdingertage“, ein Künstlersymposium: Wiederum ein Versuch, dem Geheimnis der Kunst und des Lebens gemeinsam auf die Sprünge zu helfen.
2004 gründeten wir den Kunstverein Pertolzhofen, um das Ganze auf solidere Beine zu stellen. 2007 kam noch die KUNSTHALLE PERTOLZHOFEN dazu, ein beweglicher Ort für die KUNST. Näheres finden sie undter www.kunstverein-pertolzhofen.de und in diversen PERTOLZHOFENER HEFTEN…
…und natürlich hier auf meiner Webseite
Heiko Herrmann 2017